Nachdem die Streetfighter 1100 2009 auf den Markt kam, legte Ducati zwei Jahre später mit einer kleineren Version nach, die auf dem bereits bekannten Motor der 848 basiert. Die kleine Streetfighter ahmte das Aussehen ihrer großen Schwester nach, doch zum Leidwesen von Ducati verfolgten die Verkaufszahlen der 848 den selben dunklen Pfad. Was haben sie falsch gemacht?
Auf dem Papier hätten beide Streetfighter-Modelle funktionieren müssen, da sie bewährte Superbike-Motoren in einem Naked-Bike-Chassis verpackten und die Testberichte allgemein positiv waren. Aber die Käufer stimmten mit ihren Geldbörsen ab und nach vier kurzen Jahren wurde die Streetfighter 848 eingestellt. Wenn man bedenkt, wie gespannt wir alle auf die Markteinführung der neuen Streetfighter V4 waren, erscheint es bemerkenswert, dass Ducatis erste Reihe von Streetfighter-Modellen mit V2-Motor ein relativer Verkaufsflop war. Könnte das Interesse an der V4 die Popularität der V2 Streetfighter wiederbeleben? Jetzt ist wahrscheinlich der richtige Zeitpunkt, Ducatis Mittelklasse-Naked zu kaufen, bevor die Preise steigen...
Die Streetfighter verwendet eine Version des 848 Testastretta-Motors mit "von der Multistrada und Diavel gelernten Nockenwellensteuerungen", die einen Ventilwinkel von 11 Grad anstelle der 37 Grad der 848 aufweist. Wo bei den meisten Naked Bikes das gefürchtete "abgestimmt auf Druck im mittleren Drehzahlbereich" gleichbedeutend ist mit "das ganze Leben wurde aus ihm herausgesaugt", leistet der Streetfighter-Motor immer noch sehr respektable 132 PS und 93,5 Nm, was nur geringfügig weniger ist als die erste (nicht-Evo) Generation der 848. Der Motor arbeitet entspannt und ist weit davon entfernt, ein Wheelie-Biest zu sein, aber das passt zur Zielgruppe des Motorrads, da die größere 1100er deutlich aggressiver ist und für die meisten viel zu wild ist. Ein herrlicher Motor für entspanntes Fahren auf der Straße im unteren Drehzahlbereich. Er passt zum Naked-Styling der 848 und verfügt über einen starken mittleren Drehzahlbereich, sobald man das anfängliche Stottern und Klappern des V-Twins überwunden hat. Er ist nicht ballistisch-schnell, dafür aber geschmeidig und überraschend kraftvoll.
Die 848 hat einen sehr guten Ruf in Bezug auf ihre Zuverlässigkeit und weist nur wenige Fehler auf, aber die Wartungsintervalle müssen eingehalten werden. Der Motor muss alle 12.000 Kilometer (oder jedes Jahr) gewartet werden, die Riemen alle zwei Jahre und das Ventilspiel (der Desmo-Service) alle 24.000 Kilometer. Das Getriebe ist geschmeidig und ebenfalls fehlerfrei, aber der Auspuff wirft ein paar Probleme auf. Abgesehen davon, dass er serienmäßig enttäuschend leise ist, kann die Platzierung der beiden Rohre dem rechten Fuß in die Quere kommen, was bedeutet, dass das Fahren auf den Fußballen dazu führen kann, dass der Stiefel an den heißen Rohren hängen bleibt. Der Austausch gegen Nachrüstteile hilft, da die Temperatur durch den Wegfall der Katalysatoren etwas gesenkt wird, aber das ist ziemlich kostspielig, da die Termignoni-Anlagen neu eine Stange Geld kosten. Es gibt billigere Alternativen, aber man muss immer noch mit über 500 € rechnen, da es sich um eine Doppelanlage handelt.
Mit demselben Chassis, sowie identem Nachlauf und Lenkkopfwikel wie die 848, ist die Streetfighter ein agiles Bike, das mit Sicherheit auch auf einer temperamentvollen Landstraße überzeugen kann. Ein längerer Radstand als beim Supersportler sorgt dafür, dass sich die Streetfighter stabiler anfühlt und etwas weniger scharf in die Kurve geht, aber dieses Gefühl wird durch die Tatsache, dass man einen schön breiten Lenker vor sich hat, der hilft, die Streetfighter in die Kurven zu hebeln, wieder ausgeglichen. Die voll einstellbare Marzocchi-Gabel liefert eine gute Fahrqualität und auch am Sachs-Federbein gibt es wenig zu meckern. Ähnlich wie die 848 fühlt sich die Streetfighter sehr ausgewogen an und abgesehen von der etwas hohen Sitzhöhe von 840 mm (die sich dank der schmalen Linie des Motorrads niedriger anfühlt) sollten die meisten Fahrern damit zurecht kommen. Wie bei jeder Einarmschwinge sollte man darauf achten, dass die Hinterradnabe nicht durch zu fest angezogene Klemmschrauben festgefressen oder verformt ist, aber bei der Streetfighter sollte man auch auf verbeulte Felgen achten, da sie eine sehr leichte und fragile Konstruktion haben.
Obwohl kein ABS vorhanden ist (es war nie eine Option), verfügt die Streetfighter über beeindruckende Brembo Vierkolben-Radialbremssättel und Stahlflex Bremsleitungen. Es fehlt ihnen ein wenig an Finesse und aufgrund der Stahlflexleitungen hat man nicht viel Nachgiebigkeit oder Gefühl, wenn man an Gummischläuche gewöhnt ist. Aber wenn das Tempo steigt, leisten sie in der Tat sehr gute Arbeit.
Die Traktionskontrolle ist beim Streetfighter serienmäßig und obwohl sie nicht IMU-gekoppelt ist und daher keine Schräglagensensorik besitzt, hat sie acht Stufen, aus denen man wählen kann. Das Display ist eine ziemlich standardmäßige LCD-Einheit (die dafür bekannt ist, dass sie nicht ganz wasserfest ist, also auf Beschlagen achten) und es fehlt eine Ganganzeige, was ärgerlich ist. Was das Zubehör an gebrauchten Exemplaren angeht, so wird die Streetfighter 848 im Allgemeinen von ihren Besitzern meistens serienmäßig belassen. Zubehörauspuffe sind üblich, aber man bekommt nicht die üblichen Fußrastenanlagen, Ersatz-Nehmerzylinder (die 848 hat eine Nasskupplung, wodurch der Hebel leichter zu betätigen ist) oder sogar Hauptbremszylinder-Updates, die es bei der 1100er oft gibt. Viele Besitzer montieren einen kompakten Kennzeichenhalter, aber das war's auch schon.
Die Streetfighter 848 ist ein wirklich hübsches Naked Bike, das zwar ein bisschen chaotisch aussieht, aber dank des wunderbar ausbalancierten Fahrwerks sehr viel Fahrspaß bietet. Das Problem auf dem Gebrauchtmarkt ist, dass selbst für günstige Exemplare der Streetfighter noch ein Haufen Geld verlangt wird. Aktuelle Preisvergleiche findet ihr hier: Gebrauchte Ducati Streetfighter 848 kaufen.
Als begeisterter Motorradfahrer und Weltenbummler, der seit 2001 schon für Motorradmagazine in acht Ländern gearbeitet hat und jährlich über 30.000 Kilometer im Sattel verbringt, behauptet Jon von sich selbst zumindest seit 2003 jedes Modell von jedem (namhaften) Hersteller gefahren zu sein, das er kennt. 1000PS ist es gelungen ihm eine Reihe an Gebraucht-Berichten abzuluchsen, sodass ihr, von unserer Crew auf Deutsch übersetzt und da oder dort erweitert, in den Genuss seiner einzigartigen Erfahrungen kommt.
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